Ferienunterkunft barrierefrei gestalten

Weltweit leben schätzungsweise über 1,3 Milliarden Menschen mit Behinderungen, davon in Deutschland etwa 10 Millionen. Natürlich haben Personen mit körperlichen Einschränkungen spezielle Reiseanforderungen. Als Gastgeber kannst du durch die barrierefreie oder barrierearme (Um-)Gestaltung deiner Ferienunterkunft dazu beitragen, auch diesen Menschen schöne, unvergessliche Reiseerlebnisse zu ermöglichen.

Barrierefreier Tourismus ist in Deutschland übrigens eines der wachsenden Segmente mit großem ökonomischem Potenzial. Ein toller Bonuspunkt: Von der barrierefreien Gestaltung einer Ferienunterkunft profitieren auch ältere Menschen oder Familien, die z. B. mit Kinderwagen reisen. Barrierefreiheit ist für etwa 10 % der Bevölkerung unentbehrlich, für 40 % hilfreich – und für 100 % komfortabel! Von einer entsprechenden Anpassung deiner Ferienunterkunft können also viele deiner Gäste profitieren und damit auch du. Hier erfährst du alles, was du wissen musst!

Inhalt

"Barrierefrei zugänglich" und "rollstuhlgerecht" – Was heißt das eigentlich?

In Paragraph 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) hat der deutsche Gesetzgeber klare Definitionen für die Begriffe "barrierefrei" und "rollstuhlgerecht" festgelegt. “Barrierefreiheit” bedeutet, dass bauliche Anlagen und gestaltete Lebensbereiche so beschaffen sind, dass Menschen mit Behinderungen diese “ohne besondere Erschwernis” und “grundsätzlich ohne fremde Hilfe” auffinden, erreichen und nutzen können. Eine rollstuhlgerechte Wohnung erfüllt über darüber hinaus auch spezielle, genau definierte Kriterien für Rollstuhlfahrer. Die konkreten Normen für barrierefreie und rollstuhlgerechte Gestaltung sind in der DIN 18040 festgelegt. Wichtig: Die Begriffe “barrierefrei” und “rollstuhlgerecht” sind geschützt und dürfen nur verwendet werden, wenn alle Vorgaben vollständig erfüllt sind. Du solltest dich also detailliert über die rechtlichen Anforderungen informieren. Einige Beispiele der offiziellen Vorgaben findest du hier:

Bereich 

Barrierefrei 

Rollstuhlgerecht 

Bedienelemente 

50 cm Abstand vor Raumecken und Begrenzungen, Bedienelemente / Haltesysteme mit taktilen Informationen in 85 cm Höhe 

Bedienbarkeit mit Kraftaufwand von 2,5 N bis 5,0 N 

Bewegungsflächen in Fluren, Räumen und auf Balkon / Terrasse 

1,20 m x 1,20 m 

1,50 m x 1,50 m 

Türen 

80 cm breit x 2,05 m hoch 

90 cm breit x 2,05 m hoch; Türspion in 1,20 m Höhe 

Rollstuhlstellplätze 

– 

1,80 m x 1,50 m 

Fenster 

leicht zu öffnen und zu schließen (max. 25 N), Fenster in Aufenthaltsräumen in 60 cm Höhe 

Fenstergriff in Höhe von 0,85 m bis 1,05 m oder automatisches System 

Küche 

Mindesttiefe von 1,20 m vor den Küchenmöbeln, Anordnung von Herd, Arbeitsplatte und Spüle über Eck 

Mindesttiefe von 1,50 m vor den Küchenmöbeln, Unterfahrbarkeit von Herd, Arbeitsplatte und Spüle 

WC 

Mind. 20 cm Abstand zur Wand 

Auf einer Höhe zwischen 46 und 48 cm und 70 cm tief; neben WC jeweils 90 cm und 30 cm Platz; Rückenstütze und Stützklappgriffe sowie erreichbare Spülung und Toilettenpapierhalter 

Waschplatz 

Nutzung auch im Sitzen möglich, mind. 100 cm hoher Spiegel, Beinfreiraum unter dem Waschtisch 

Vorderkantenhöhe des Waschtisches max. 80 cm hoch, unterfahrbar in mind. 55 cm Tiefe; Abstand der Armatur zum vorderen Rand des Waschtisches von max. 40 cm; Beinfreiraum unter dem Waschtisch mit einer Breite von mindestens 90 cm 

Duschbereich 

niveaugleiche Gestaltung des Bodenbereichs, rutschhemmende Bodenbeläge 

Dusch-Klappsitz und hochklappbare Stützgriffe nachrüstbar. Erreichbare Einhebel-Duscharmatur 

Badewanne 

Nachträglich aufstellbar 

Nachträglich aufstellbare Wanne mit Lifter nutzbar 

Anders als für die geschützten Begriffe "barrierefrei" und "rollstuhlgerecht" gibt es für die Beschreibungen "barrierearm" und "rollstuhlgeeignet" übrigens keine einheitlichen Definitionen. Diese beiden Wörter beschreiben grundsätzlich eine Umgebung, die Maßnahmen zur Reduzierung von Barrieren für Menschen mit Behinderungen umsetzt, ohne jedoch alle verbindlichen Kriterien für “barrierefrei” und “rollstuhlgerecht” zu erfüllen.

So gestaltest du deine Unterkunft barrierefrei bzw. -arm

Beginne mit einer gründlichen Inspektion deiner Unterkunft, um potenzielle Barrieren zu identifizieren. Gibt es enge Gänge, schwer zugängliche Räume oder nur über Treppen erreichbare Stellen im Haus? Jede Unterkunft ist individuell; ein einstöckiges Haus erfordert selbstverständlich andere Maßnahmen als ein Stadtloft oder eine Berghütte. Falls es dir nicht möglich ist, dein Feriendomizil vollständig barrierefrei zu machen, kannst du verschiedene Schritte unternehmen, um es barrierearm zu gestalten. Einige der folgenden Tipps sind besonders dann sinnvoll, wenn die Ausstattung deiner Ferienwohnung erst noch bevorsteht – oder du zu größeren Renovierungen bereit bist. Wir stellen dir jedoch auch einige Schritte in Richtung Barrierefreiheit vor, die du mit vergleichsweise wenig Aufwand vornehmen kannst.

Allgemeine Tipps zur barrierearmen / -freien Gestaltung deiner UnterkunftFrau im Rollstuhl und Mann in Ferienhaus

  • Ermögliche die Nutzung von Sprachassistenten wie Amazon Alexa oder Google Assistant. Diese können Geräte steuern und die Bedienung von Schaltern, Steckdosen und anderen Geräten vereinfachen.
  • Installier smarte Beleuchtungssysteme. Sie können so eingestellt werden, dass das Licht sich automatisch ein- oder ausschaltet oder gedimmt wird, wenn jemand einen Raum betritt oder verlässt.
  • Implementiere Notrufsysteme in deiner Unterkunft, die Gästen im Notfall sofortige Hilfe ermöglichen.
  • Ein schönes Plus: Weise in der Gästemappe auf barrierefreie Ausflugsziele und Aktivitäten hin.

Anpassung an mobilitätseingeschränkte GästeWohnzimmer mit Rollstuhl

  • Installiere Rampen zur Überwindung von Stufen und anderen Hindernissen. Schaffe Bewegungsflächen, indem du Möbel strategisch platzierst und so deine Ferienunterkunft insgesamt geräumiger gestaltest.
  • Bringe Haltegriffe in der Nähe von Toiletten und in der Dusche an, um zusätzliche Unterstützung zu bieten.
  • Installiere eine ebenerdige Dusche und verwende rutschfeste Matten oder Fliesen.
  • Stelle sicher, dass die Beleuchtung in deinem Feriendomizil ausreichend ist und dass Schalter und Steckdosen in einer gut zu erreichenden Höhe angebracht sind.
  • Stelle sicher, dass die Türen in deiner Unterkunft breit genug sind, um Rollstuhlfahrern den Zugang zu ermöglichen. Überprüfe auch die Zugangswege zur Unterkunft, um sicherzustellen, dass sie frei von Hindernissen sind.
  • Stelle sicher, dass Betten und Sitzmöbel in deiner Unterkunft eine angemessene Höhe haben, um Gästen mit eingeschränkter Mobilität das Aufstehen und Hinsetzen zu erleichtern.
  • Entferne Schwellen an Türen und Übergängen.

Anpassung an Gäste mit HörbehinderungGebärdensprache

Eine barrierearme Unterkunft für hörgeschädigte oder gehörlose Menschen sollte Alternativen zur akustischen Signalgebung und zur verbalen Kommunikation anbieten. Statt Klingeln oder Alarmtönen können beispielsweise Lichtsignale verwendet werden. Zusätzlich können visuelle Alarme wie Blitzlichter oder Vibrationsalarme in Notfällen eingesetzt werden. Ein großer Pluspunkt wäre, wenn du als Gastgeber einige grundlegende Worte in Gebärdensprache beherrschst, um eine direkte und effektive Kommunikation mit deinen hörgeschädigten Gästen zu ermöglichen.

 

Anpassung an Gäste mit Sehbehinderung

Eine Frau geht mit einem Assistenzhund und einem Blindenstock einen Weg entlang

Um Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit einen sicheren und angenehmen Urlaub zu ermöglichen, sind spezifische Anpassungen in der Unterkunft erforderlich. Es ist wichtig, dass Wege frei von Hindernissen sind und dass Bodenleitsysteme, taktil erfassbare Türschilder und Handlaufinformationen zur Verfügung stehen, damit eine sichere Orientierung innerhalb der Unterkunft gewährleistet ist. Eingänge und Treppen sollten mit Aufmerksamkeitsfeldern ausgestattet werden, die durch Tasten oder spezielle Oberflächen hervorgehoben werden. Darüber hinaus sollten Treppen kontrastreich gestaltet werden, um die Stufen besser erkennbar zu machen. Gäste-Informationen jeder Form sollten in kontrastreicher Textform oder idealerweise zusätzlich in Brailleschrift bereitgestellt werden. Schließlich sollten Urlauber mit Assistenzhunden ohne Probleme in der Unterkunft willkommen sein. Dazu gehört auch die Bereitstellung von geeigneten Bereichen für die Pflege der Hunde. Wie du deine Unterkunft auf das Mitbringen von Tieren ausrichten kannst, liest du in unserem Artikel Ferienwohnung haustierfreundlich gestalten.

Informiere potenzielle Gäste über die Barrierefreiheit deiner Unterkunft

Es ist entscheidend, dass die betroffene Gästezielgruppe bereits auf den ersten Blick erkennen kann, dass deine Unterkunft barrierearm bzw. sogar barrierefrei ist. Daher gilt es, auf deinen Unterkunftsfotos sowie deiner Objektbeschreibung die entsprechenden Eigenschaften deiner Ferienunterkunft deutlich und ansprechend zu präsentieren. Grundsätzliche Tipps für eine gelungene Objektbeschreibung, die potenziellen Gästen sofort zusagt, findest du übrigens hier.

Gut zu wissen

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat ein Projekt namens "Reisen für alle" ins Leben gerufen, das darauf abzielt, den Tourismus uneingeschränkt zugänglich zu machen. Das Projekt beinhaltet ein Kennzeichensystem, das Unterkünfte bezüglich ihrer Eignung für verschiedene Beeinträchtigungen auszeichnet. Ferienimmobilienbesitzer haben die Möglichkeit, ihre Feriendomizile zertifizieren zu lassen und ihren Gästen auf einen Blick zu zeigen, für welche Beeinträchtigungen sie geeignet sind. Das Zertifikat gibt den Gästen die Gewissheit, dass die Unterkunft barrierefrei ist und ihren Bedürfnissen entspricht. Genauere Angaben zur Zertifizierung findest du auf der Webseite des Projektes.

Fazit

Die Gestaltung einer barrierefreien oder -armen Ferienunterkunft stellt eine Chance dar, einen breiteren Gästekreis anzusprechen, und zugleich einen Teil zu mehr Inklusion im Tourismus beizutragen. Indem du die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitäts- oder Sinnesbeeinträchtigungen berücksichtigen, schaffst du auch für diese Gästegruppe positive Reiseerlebnisse. Von der Anpassung der baulichen Strukturen bis hin zur Bereitstellung von Informationen und Dienstleistungen – jede Maßnahme zur Barrierefreiheit macht einen bedeutenden Unterschied für die Zugänglichkeit und das Wohlbefinden deiner Gäste. Durch ansprechende Fotos und eine detaillierte Beschreibung der barrierefreien Eigenschaften kannst du sicherstellen, dass diese Informationen leicht zugänglich sind. Auf diese Weise werden Menschen mit Mobilitäts- oder Sinnesbeeinträchtigungen ermutigt, deine Unterkunft zu buchen und einen angenehmen und komfortablen Aufenthalt zu genießen.

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